4. Advent 2021 C Lk 1, 39-45
Von Josef wird ausdrücklich erzählt, dass er erwogen haben soll,
sich von Maria zu trennen, als er erfährt, dass sie ein Kind erwartet.
Von Maria hören wir, dass sie erst einmal aufbricht, das Weite sucht,
nicht nur das Weite, sondern so etwas wie eine Schicksalsgefährtin.
Sie als die unerwartet schwangere Frau sucht die auf,
die so lange darauf gewartet hat.

Elisabeth und Maria, zwei Frauen finden und begegnen sich,
die Schweres verbindet:
Kinderlosigkeit die eine und damit verbunden die ständig bohrende Frage:
„Wolltet ihr nicht oder konntet ihr nicht?“;
unehelich schwanger die andere,
den neugierigen Blicken und der Verachtung ausgesetzt.
Ihr Schicksal, das gleichzeitig neues Leben heranwachsen lässt,
bringt sie zusammen.
Menschen, die Schweres verbindet, halten zusammen.
Sie finden sich in Selbsthilfegruppen, sie suchen sich auf,
sie erleben einander als Stütze.
Sie nehmen dafür manche Wege in kauf,
es ist nicht nur ein Spaziergang zum Nachbarhaus,
für Maria vermutlich 5 Tagesetappen.

„Im Bergland von Judäa“ –
das hört sich nach einem beschwerlichen Weg an,
auf dem es Hindernisse zu überwinden gilt.
Dass Maria „eilt“ bedeutet, dass sie keine Zeit verlieren will,
keine Zeit zu verlieren hat.
Sie muss raus – und sie braucht ihre Schicksalsgefährtin,
mit der sie reden kann, die sie versteht, der sie nichts groß erklären muss.

Bezeichnenderweise ist dies ein ausgesprochenes Frauenevangelium.
Die Männer – weder Zacharias noch Josef – kommen vor.
Sie halten sich zurück.
Der Evangelist Lukas hält die Weihnachtsgeschichte
ohne die Begegnung dieser beiden Frauen nicht für denkbar,
für ihn gehört dazu, dass sie sich nicht zurückhalten sondern verbinden,
ihre Erfahrungen austauschen.
Das geht halt nicht mit jeder oder jedem.
Drei Monate. – Das stärkt.

Die neue Einheitsübersetzung hat – vielleicht haben Sie es bemerkt –
eine Stelle anders übersetzt:
Früher hieß es, dass Elisabeth zu Maria sagte:
Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen.
Nun heißt es: Gesegnet bist du unter den Frauen.
Mehr als klingt nach Gewichtung, da wird jemand herausgehoben;
gesegnet unter den Frauen: Maria ist eingebettet
in die lange Geschichte von Tochter, Mutter, Großmutter.
Und zu ihrer Geschichte gesellen sich darum viele:
Frauen, die Schlimmes kennen und erlitten haben,
mitleidige Blicke, Getuschel, Kopfschütteln.
Gesegnet unter den Frauen, zu denen Sara gehört, Abrahams Frau.
Auch sie hat noch ein Kind bekommen,
nach endlosen Jahren ohne Hoffnung.
Sie konnte es selbst nicht glauben, lachhaft erscheint es ihr sogar.
Gesegnet unter den Frauen, zu denen Rahel gehört,
die ebenfalls lange Zeit keine Kinder bekommen konnte
und erlebte, wie ihre Schwester Lea
mit einem Kind nach dem anderen beschenkt wurde.
Und Hanna gehört dazu, ebenfalls kinderlos, vom Priester Eli ob ihrers verzweifelten Gebetes für betrunken gehalten und all die vielen Namenlosen,
die es schwer hatten, schwer haben oder schwer haben werden,
die wissen, was es bedeutet, nicht guter Hoffnung zu sein,
nicht nur mit Blick auf Schwangerschaft und Geburt,
sondern mit Blick darauf, dass das eigene Leben leer bleibt und unerfüllt.

Gesegnet bist du unter den Frauen.
Gottes Segen ruht auf den Frauen, auf den Männern,
die es nicht leicht haben, bei denen nicht alles glatt läuft,
die nur deswegen zurecht kommen, weil sie um andere Menschen wissen,
denen Ähnliches widerfährt.
Ich glaube, das Ja-Wort, das Maria dem Engel gegeben hat,
wird nur dadurch möglich und zu halten sein,
weil es diese Begegnung gibt, diese Verbindung,
dieses Teilen von – im Grunde – unverständlichen Ereignissen,
die man allein nicht tragen kann.
Aber gemeinsam getragen tragen Dornen Rosen.

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