Fest der Hl. Familie
Was für ein Durcheinander:
von Josef heißt es, er beschließt, sich von Maria zu trennen,
als er hört, dass sie schwanger ist;
Maria sucht erst einmal das Weite
und stattet ihrer Verwandten drei Monate einen Besuch ab.
Beide finden dann doch irgendwie wieder zueinander:
Josef – heute würden wir sagen – adoptiert das Kind
und Maria ist vermutlich froh, Josef an der Seite zu haben.
Dann ist da noch die etwas rätselhafte Geschichte des Kindes selbst,
von dem es heißt, es sei vom Hl. Geist gezeugt.
Nach klassischer Familie hört sich das jedenfalls nicht an – oder doch?
Denn was ist Familie?

Das Statistische Bundesamt sagt:
„Familie umfasst alle Eltern-Kind-Gemeinschaften,
das heißt Ehepaare, nichteheliche (gemischt­geschlechtliche)
und gleich­geschlechtliche Lebens­gemeinschaften
sowie Allein­erziehende mit ledigen Kindern im Haushalt.
Einbezogen sind – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege-
und Adoptiv­kinder ohne Alters­begrenzung.
Damit besteht eine Familie immer aus zwei Generationen:
Eltern/-teile und im Haushalt lebende ledige Kinder.“
Da kann doch die sogenannte „heilige Familie“ gut mithalten:
zwei Generationen leben in ihr und Elternteile sind auch da
zumindest eins.
Familie ist, wenn Menschen sich zusammen finden,
füreinander und als Eltern Verantwortung übernehmen.
Eine heile Welt ist das wahrlich nicht unbedingt.

Wie folgerichtig, dass in vielen Ländern
die gemischtgeschlechtliche Konstellation keine Voraussetzung mehr ist,
um von Familie zu sprechen.
Dafür lassen sich sogar religiöse Gründe finden:
Gerade die „heilige Familie“ weitet unsere Vorstellung von Familie.
Sie fügt eine religiöse Dimension hinzu:
Familie ist, wo Gott Seine Finger im Spiel hat.
Er ist derjenige, der zusammenführt, der stark macht,
der Menschen einander finden lässt.
Und das – wie etwa bei Josef und Maria – über so manche Barrieren hinweg,
in jedem Fall unbeachtet dessen, was die Leute wohl sagen und denken.
Wäre das nicht eine gute, eine entscheidend wichtige Frage,
die Kirche stellen muss, wenn sie von Familie spricht
und sich einbringt in die Beziehungsgeschichten von Menschen,
nämlich die Frage:
wo und wie hat Gott bei Dir, bei Euch Seine Hand im Spiel,
was denkt Er sich, wenn ausgerechnet Ihr beiden
füreinander Sympathie entwickelt und daraus eine Liebesgeschichte,
vielleicht auch eine Familiengeschichte wird?
Das bedeutet zunächst und vor allem zuhören und entdecken wollen –
nicht immer einfach,
sondern ähnlich herausfordernd wie das damals bei Samuel und Eli war,
die sich schwer taten, den ergehenden Ruf als Ruf Gottes zu verstehen.
Was Menschen in Liebe verbindet, hat mit Gott zu tun.
Und was Menschen trotz Schwierigkeiten zusammenfinden lässt, ebenso.
Und unsere Aufgabe als Kirche, als Christen ist,
diese Gottesspuren vorauszusetzen und wahrzunehmen.

In der Geschichte des Josefs war es der Engel im Traum,
der Josef verstehen hilft und zu Maria stehen lässt;
in der Geschichte der Maria war es vielleicht Elisabeth,
die Maria bestärkt und ihr damit hilft.
Alle Beteiligten setzen sich über Grenzen und gängige Regeln hinweg:
nach damaligem Rechtsbrauch hätte Josef Maria anzeigen können.
Auf eine offensichtliche Ehebrecherin wartete die Steinigung.
Stattdessen lässt er sich von Gott leiten,
so wie sich Menschen eben leiten lassen
vom Anspruch und Wert der Liebe und der Verantwortung
und diese höher setzen als alles andere.

Wer könnten wir als Kirche sein,
würden wir Liebe und Verantwortung über alles setzen:
wir würden menschlicher und die Spuren Gottes wären klarer zu erkennen.

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