Christ-Königs-Sonntag 2021 B Joh 18,33b-37
Ich bilde mir ein
deine Worte
und ein Museum entsteht
heute gehe ich
durch die imaginären Räume
und suche dein Bild
als König
was ich finde
sind lauter Entwürfe –
für ein echtes Porträt
standest du nicht zur Verfügung
So schreibt eine Benediktinerin (Charis Doepgen OSB) zu diesem Sonntag.
Was wir in unseren Kirchen, in unserem Glauben, in unserer Glaubenslehre
für Jesus, für Gott an Bildern und Bezeichnungen finden,
sind lauter Entwürfe:
unfertig, ungenau, skizzenhaft, provisorisch, im Stil der jeweiligen Zeit.
Es fehlt noch was, es ist noch nicht ausgereift.
Kein Wunder, denn es fehlen die vielen – nicht ins Wort gebrachten –
Erfahrungen von Menschen, die sie mit Gott machen,
es fehlen die vielen Erfahrungen,
die wir und andere erst noch machen werden.
In der Kunstgeschichte kann man sehen,
wie sich die Darstellungen von Christus im Laufe der Zeit verändern,
insbesondere anhand der Kreuzesdarstellungen.
Es gibt Zeiten, da scheute man sich generell,
ein Bild des Gekreuzigten zu entwerfen; man ließ den Körper weg.
Und als man begann, den Körper darzustellen,
wechselten sich die unterschiedlichen Phasen ab:
mal ist es der Leidende, der dargestellt wird, mal der Siegende,
mal der seiner Kleider beraubte, mal der im Festgewand.
Und es sind gegensätzliche Aussagen,
wenn ich auf ein Kreuz schaue, das den Sterbenden zeigt,
oder wenn ich auf ein Kreuz schaue, das den Auferstandenen zeigt.
Ein Bild erfasst nie alles.
Das merken wir auch am heutigen Christ-Königs-Sonntag.
Wir hören von Jesus, der vor Pilatus steht, angeklagt, fertig gemacht,
kurz vor dem Todesurteil,
und sprechen und singen gleichzeitig von Seinem Königtum,
Seiner das All umfassenden Herrschaft.
Gegensätzlicher geht es kaum.
Um in der Formulierung des Textes der Benediktinerin zu bleiben:
das ergibt kein echtes Porträt.
Mehr sogar: Jesus steht dafür auch gar nicht zur Verfügung.
Er lässt sich nicht festnageln auf bestimmte Bilder,
und selbst wenn wir ganz viele unterschiedliche Bilder zusammen legten,
bekommen wir kein Gesamtbild, kein Resümee, von dem man sagen könnte:
das ist es jetzt, fest und eindeutig und für alle Zeiten.
Zu groß ist die Gefahr, dass Menschen einander
mit eigenen Glaubenserfahrungen beherrschen wollen,
sie in etwas hinein pressen,
was für sie nicht passt und eigene Erfahrungen verunmöglicht.
Ich finde, dass uns das tragen und verbinden kann.
Keine und keiner kann sagen: ich habe das Wort von Jesus,
das Bild von Ihm, das Ihn am meisten trifft und wiedergibt,
wir durchschreiten die zeitlich unterschiedlichsten Erfahrungsräume,
die 2000 Jahre Christentum hervorgebracht haben.
Und wir durchschreiten auch in unserer Zeit
die verschiedensten Erfahrungsräume,
wenn wir sie füreinander öffnen, uns gegenseitig Wegbegleitung sind,
im Wissen um alle Vorläufigkeit, im Wissen darum,
dass wir nur Entwürfe an den Wänden haben und im Herzen tragen.
Ich bilde mir ein
deine Worte
und ein Museum entsteht
heute gehe ich
durch die imaginären Räume
und suche dein Bild
als König
was ich finde
sind lauter Entwürfe –
für ein echtes Porträt
standest du nicht zur Verfügung