Und nun?
Was machen wir?
Ich hatte eine Predigt fertig – ich kann sie nicht halten.
Der Versuch, einen biblischen Text an diesem Sonntag auszulegen,
drei Tage nach der Veröffentlichung des Gutachtens im Erzbistum München,
das vielen die Sprache verschlägt, dunkel Geahntes bestätigt,
die Freude an der Ausübung eines kirchlichen Berufes zerstört,
Entsetzen darüber hervorruft,
wie kirchliche Würdenträger sich nach wie vor ihrer Verantwortung entziehen,
käme mir vor wie ein Wegschweigen und Ausblenden.
Andererseits: ist nicht schon alles gesagt, wenn auch nicht von allen?
Wieviele Gutachten braucht es noch,
um das zu bündeln, ins Wort zu bringen, was spätestens in der MHG Studie
vor mehr als drei Jahren veröffentlicht wurde
und man nun eigentlich nur
als ein Versagen der gegenwärtigen Form des Systems Kirche
bezeichnen kann?

Hält das eigentlich noch, wenn wir sagen:
wir feiern hier unseren Glauben unbeirrt davon,
was kirchliche Amtsträger zerstört und gedeckt haben?
Und wir warten geduldig,
bis es für die verschiedensten Voten und Entscheidungen
etwa auf dem Synodalen Weg eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe gibt,
wenn es sie denn gibt…
Ich merke meine Ungeduld,
wenn Bischöfe von Erschütterung und Scham sprechen,
davon, dass sie den Opfern nahe sind und für sie beten.
Mich erinnert das an Schulkinder, die in einem Gebetsseufzer
um gute Noten bitten für eine Klassenarbeit, für die sie nicht gelernt haben
und für die sie auch nicht lernen wollen…

Wir sind – egal, wie wir es drehen und wenden wollen –
eingebunden in diese Kirche, in das Bistum,
das sich selbst wiederum als Teil der Weltkirche sieht;
und zu sagen: sieh auf das Gute, das Kirche zweifelsohne auch bewirkt –
darf doch nie zu einer Decke werden, die alles andere zudeckt.
Und wenn ich daran denke, dass in unserem Bistum
ebenfalls eine Studie in Arbeit ist,
deren Ergebnisse in zwei oder drei Jahren vorliegen sollen,
und ein weiterer Teil der Bistümer eine vergleichbare Untersuchung
noch nicht mal in Auftrag gegeben hat:
wer wartet eigentlich darauf?
Manche sagen – nicht zu unrecht – bis es Ergebnisse gibt,
sind immer mehr Opfer und Täter und Vertuscher verstorben
oder nicht mehr in Verantwortung.

Es geht einfach nicht ehrlich zu in der Kirche.
Stattdessen herrscht immer noch Angst, Karrierewahn,
Verteufelung von Sexualität, Machtgebaren,
und – man muss es eigens erwähnen – Angst vor Frauen.

Und nun?
Was machen wir?
Laut schweigen?
Und dann dieselben Lieder singen wie vorher?
Ist nicht alles irgendwie miteinander verbunden?
Sehen wir nicht auch weg, wenn wir jetzt nicht dran bleiben,
nicht mehr hinnehmen, unsere Stimme erheben?

Ich weiß nicht von wem das Wort stammt,
das die Bischöfe in den Blick nimmt, aber eigentlich für jeden Christen gilt:
das Wort lautet: die Bischöfe sind nicht die Nachfolger der Apostel,
es sei denn, sie lebten wie diese.

Genügt es zu sagen, Kirche ist das Volk, das GOTT sich zusammenruft,
unabhängig von Kirchensteuer zahlender Mitgliedschaft,
unabhängig von Zweidrittelmehrheiten von Bischöfen,
aber zutiefst abhängig von einer Botschaft voller Liebe und voller Würde,
die da gelebt wird, wo Menschen in Frieden zusammen finden,
die da lebendig ist, wo wirklich die Schwachen,
die Getretenen in der Mitte stehen,
wo die Liebe den Ton angibt und nicht die Macht oder das Geschlecht?

Meine Antwort: Ja. Nicht nur genügend. Sondern wesentlich.
Und ich glaube, dieses wäre das Brot, das uns selbst nährt,
das sich zu teilen lohnt, das sogar Christus selbst ist.

Pin It on Pinterest

Share This