4. Advent 2023 B Lk 1, 26-38
Die Deutsche Telekom
erzählt in ihrem diesjährigen internationalen Weihnachtsfilm –
ein Spot von einer Minute – die Geschichte eines Mannes,
der beim Weihnachtsfest
von den hartnäckigen Fragen seiner Familie malträtiert wird.
Die Idee für den Film stammt aus der Slowakei.
Ein junger Mann kommt zum Weihnachtsfest nach Hause zu seiner Familie. Statt Wiedersehensfreude prasseln Fragen auf ihn ein:
„Wie steht`s um Deinen Masterabschluss? Bist Du endlich verliebt?
Wir sehnen uns doch nach Enkelkindern…!“
Die Stimmung gerät ins Wanken – bis seine Großmutter ihn rettet.
Sie stellt ihm die wohl relevanteste Frage: „Bist Du glücklich?“

Wie Menschen gesehen oder angesprochen werden, macht etwas mit ihnen.
Wenn mich jemand Zuhörer nennt,
rückt die Eigenschaft des Hörens in den Vordergrund.
Nennt mich jemand Kunde, ist meine Kaufkraft gefragt.
Manchmal werden „Halter des Wagens“ gesucht.
Ein junges Dokument aus dem Vatikan
spricht von Menschen in „irregulären Beziehungen“.
Es wird kategorisiert.
Jeder Anrede liegt ein Bild zugrunde,
was von uns erwartet wird oder wie wir gesehen werden.
Anreden oder Kategorisierungen können verletzen,
wenn sie nie den ganzen Menschen sehen.

Anreden können Türen öffnen und Türen schließen.
Ich kann mich angesprochen oder missbraucht fühlen.
Ich kann denken: da meint ja jemand mich –
und ich kann denken: da kennt dich jemand gar nicht,
und es besteht in Wirklichkeit an dir kein Interesse,
allenfalls an deiner Leistung, an einer Eigenschaft.
Du bist nur wie eine Kuh, die Milch geben soll –
andere wollen sich an dir nähren.

Maria erschrickt bei der Anrede des Engels Gabriel.
„Sei gegrüßt, du Begnadete“.
Sie wird nicht unter einem bestimmten Blickwinkel gesehen,
dass sie etwas leisten oder kaufen soll,
sie wird nicht auf eine ihrer Eigenschaften angesprochen oder reduziert.
Begnadet ist passiv, fällt dem Menschen zu –
begnadet drückt Gottes Handeln aus.

Diese Anrede ist der göttliche Blick auf Maria,
auf Menschen, denen Gott etwas zutraut – und wem traut er nichts zu?

Maria erschrickt.
So werde ich gesehen?
Wer weiß, ob nicht diese Anrede sie wachsen und erstarken ließ,
ihr die Kraft gab, sich auf all das einzulassen, was da noch kam.
Jedenfalls lässt diese Anrede Maria die Tür öffnen,
sie macht nicht dicht, sondern schenkt den Worten des Engels Gehör
und nimmt sie auf.

Anreden bewirken etwas. Sie können zerstören oder aufbauen,
Leben zur Entfaltung bringen oder verkümmern lassen.

Wie sehen wir einander, welch einen Blickwinkel nehmen wir ein?
Können Menschen sich öffnen in unserer Gegenwart
wie Maria sich in der Gegenwart des Engels öffnen konnte
oder verschließen sie sich?

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