Geburtsfest „Johannes, der Täufer“ 2023
Kontinuität tut uns gut;
es gibt uns Sicherheit, wenn Gewohntes fortgesetzt wird,
wenn die Mischung aus Neuem und Altem stimmt.
Kontinuität gewährt einen ruhigen Lauf der Dinge und bietet Halt.
Oftmals fand oder findet in den Familien Kontinuität darin Ausdruck,
dass der Sohn denselben Vornamen wie der Vater trägt.
Der Sohn soll ganz der Vater sein,
vielleicht sogar seinen Beruf ergreifen:
Höfe oder Firmen, die Jahrzehnte und länger in Familienbesitz sind,
sind ein Beispiel dafür.
So wollte man es auch beim Sohn des Zacharias tun
und ihm den Namen seines Vaters geben.
Aber wie anders kommt es
beim lang erwarteten Sohn der Elisabeth und des Zacharias:
ein neuer Name wird durch das Wort des Engels festgelegt: Johannes.
Schon daran, dass nicht der Name des Vaters übernommen werden soll,
wird deutlich, dass etwas Neues beginnt,
dass Johannes nicht einfach Familiengeschichte fortschreibt.
Der Mensch darf nie Gefangener seiner Vergangenheit werden,
dazu bestimmt, fortzuschreiben und weiterzumachen;
Entwicklung und Kreativität wären von vornherein begrenzt.
Mindestens zweimal im Jahr wird uns an herausragenden Festen,
zu den Zeiten, wo sich in der Natur der Lauf der Sonne wendet,
ganz deutlich, dass Gott Neuanfänge schenkt und will:
die Namensgebung des Johannes erinnert im Sommer daran,
ein halbes Jahr später das Geburtsfest des Gottessohnes:
Heil beginnt, wo Neuanfänge ihren Reiz und ihre Wirkung entfalten können.
Dennoch bleibt die Bibel merkwürdig realistisch:
das, was das Gewohnte durchbricht, erscheint uns so unmöglich und fern,
wie es Zacharias erschien,
dass Elisabeth, reich an Jahren, schwanger werden würde.
Die Bibel sagt, Zacharias verstummt, ihm wird der Mund verschlossen
bis sich die Verheißung des Engels erfüllt.
Damit sich das Neue, das Verheißene durchsetzt,
schaltet Gott mitunter das aus, was sich seiner Verheißung widersetzt.
Welch ein Gedanke:
Gott schaltet aus, beendet, lässt auslaufen, damit Neues beginnen kann.
Könnte uns der Gedanke in der Situation unserer Kirche helfen?
Gott selbst beendet, lässt verstummen, wenn Menschen und Entwicklungen
seinen Plänen widersprechen?
Das Verstummen von Kirche, das bedeutungslos werden,
weil sie den Worten und Verheißungen Gottes ebensowenig Glauben schenkt wie Zacharias?
Gott selbst schenkt die Gabe der Sprachlosigkeit in schwierigen Situationen,
wo uns die Worte fehlen, wo wir keine tröstenden Worte finden
und an uns ist es, diese Sprachlosigkeit auszuhalten,
Aushalten, dass wir keine Antworten haben, keine Ideen –
und Gott selbst kommt zu Wort?
Der Neuanfang, der mit Johannes gesetzt wird,
leitet wohl notwendig Gutes ein,
aber ihm zu trauen fällt dennoch schwer bis unmöglich.
Immer ist es leichter,
sich auf Gewohnheit, Herkunft, auf die Meinung der Umgebung
oder auf den Trend zu berufen:
es ist das, was wir kennen.
Aber es ist auch das, was uns nicht weiter bringt.
Was uns weiter bringt, was uns die Weite bringt, ist,
sich das Gewohnte von Gott durchbrechen zu lassen.
Denn so bekommt das Leben einen neuen Namen, einen neuen Geschmack.
Der Name, den Elisabeth und Zacharias ihrem neuen Leben, ihrem Sohn
von nun an geben, ist Johannes,
was soviel heißt wie: Gott ist barmherzig.
Nicht immer ist sie sogleich zu verstehen, diese Barmherzigkeit,
noch schwerer ist sie zu leben,
wie auch das Leben des Johannes selbst es zeigt,
aber sie schenkt uns das, was wir immer wieder brauchen:
einen neuen Anfang.