- B 26 2021 Mk 9, 38-43.45.47-48
„Wer heilt, hat recht“ lautet ein bekanntes Wort,
das bis in die medizinische Ethik des Hippokrates,
also bis ins 4. Jahrhundert vor Christus reicht.
Jesus scheint so ähnlich zu denken.
Denn als die Jünger sich an Ihn wenden,
weil sie einen heilend wirkenden Menschen gesehen haben,
der nicht zu ihnen, der nicht zum Kreis der Jünger gehört,
haben sie Schwierigkeiten damit.
Sie wollen ihn sogar daran hindern.
Jesus reagiert gelassen:
„wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“
Er will keinen exklusiven Club, Ihm geht es einzig um das Heil.
Nur das (Heil) ist von Bedeutung, egal, wo es sich ereignet.
Auf Jesus berufen kann sich, wer dazu beiträgt,
dass das Leben von Menschen heiler wird, sich klärt und Halt findet.
Die Apostel haben an dieser Stelle mehr sich selbst im Blick –
eine Versuchung, die Religionsgemeinschaften durchzieht,
wenn sie die Wahrheit für sich allein in Anspruch nehmen,
wenn sie über Not und Unheil von Menschen
ihre Zugehörigkeit und Mitgliedschaft stellen und sie zur Bedingung machen.
Ein Kreisen um sich selbst beginnt.
Jesus denkt größer.
Wem nutzen Apostel, wenn sie andere daran hindern wollen, zu heilen…
wem nutzen Apostel und deren Nachfolger,
wenn sie nur sich selbst im Sinne Jesu handeln sehen…
Das ist eine Anfrage, der sich die Kirche stellen muss,
der sich alle, die sich auf Jesus berufen, stellen müssen:
verhindere ich heilende Begegnungen?
Manchmal glaube ich,
dass allzu enges Verhalten von Menschen in der Kirche
den Glauben an Gott gefährden, sogar zerstören kann.
Wer den Regenbogen mit Seiner Vielfarbigkeit als Zeichen der Treue wählt,
der ist kein schwarz – weißer Gott
und der sieht das Leben von Menschen nicht nur schwarz weiß.
Er sieht stattdessen die Übergänge, hört die Zwischentöne,
denkt nicht nur binär.
Wer versucht, Menschen in ein enges kirchliches Korsett zu pferchen,
indem sich alle anderen den eigenen Vorstellungen anpassen müssen,
nimmt die unbegrenzte Weite Gottes nicht ernst.
Immer wieder sorgen die Evangelisten für Überraschungen,
wenn in ihren Berichten durchschimmert,
dass Jesus keine Grenze zwischen Heiden und Juden,
zwischen Ungläubigen und Gläubigen zieht,
wenn Er Gott also wirklich groß und weit denkt.
Keine Gemeinschaft hat das Recht,
Ihn und die Heilswirksamkeit ausschließlich für sich zu beanspruchen.
Gott ist nicht unbedingt da am Werk, wo man fromm daher redet,
aber unbedingt da, wo Menschen so miteinander leben,
dass das Leben heiler wird.
Humanismus, also eine Haltung,
die von der Achtung der Würde des Menschen geprägt ist,
ist darum nicht weniger oder geringer als christliches Handeln,
vielmehr ist Handeln nur dann christlich, wenn es human ist.
Von diesem Glauben abfallen, indem die Augen woanders hinschauen,
so wie die Augen der Jünger, wenn sie nur sich und ihre Gemeinschaft
im Blick haben,
von diesem Glauben abfallen, indem die Füße woanders hingehen,
als die Schritte Jesu es vorgeben,
bedeutet die Abwesenheit Gottes,
denn nichts anderes versteht die Bibel unter Hölle: Gottes Abwesenheit.
Positiv gesagt:
Gott ist so vielfältig am Werk und überall anwesend,
wo das Leben von Menschen heiler wird,
wo es sich klärt, wo sie nicht sich selbst fremd und innerlich unfrei sind.
Wer Gutes bewirkt, kann davon ausgehen, dies im Namen Jesu zu tun.