1. Advent A 2022 Mt 24,37-44
Keine Zeit im Jahr ist so von Gegensätzen geprägt
wie die heute beginnende.
Licht und Dunkel, Erwartung und Enttäuschung,
die Sehnsucht nach wärmenden Begegnungen
und die Geschichte einer Geburt draußen.
„Lieb“ sei der Advent singen wir in einem Lied
und zählen die 4 Sonntage –
gleichzeitig haben wir die gerade im Evangelium gehörten drastischen Worte, die von Menschen erzählen,
die ihr Leben leben und plötzlich überrascht werden.
Eine wird mitgenommen, eine wird zurückgelassen.
Wie bekommen wir all dieses Unterschiedliche zusammen?

Andererseits: Ist das nicht längst schon zusammen in uns?
Der Wunsch nach Heilem und Heilendem,
mit der Sehnsucht nach Ruhe und nach Unterhaltung,
und gleichzeitig die Erfahrung von Gebrechen und Zerbrechen?
Ist das nicht genau unser Leben: Zerreißproben ausgesetzt,
fröhlich und traurig, mit Hoffnung und mit herben Rückschlägen,
Ein Leben mit Furchen, die sich tief eingraben?

Wenn im Frühjahr Samen gestreut, Pflanzen gepflanzt werden,
dann ziehen wir Furchen, wir lockern die Erde, wir brechen sie auf,
damit das neue Leben, das wachsende, sich verwurzeln kann.
Unsere Narben, unsere Furchen, unsere Brüche
machen uns empfänglich und fruchtbar.
Dennoch scheinen uns die Verhältnisse nicht immer zu stimmen,
dann, wenn die Furchen zu tief gezogen, die Brüche zu arg sind.
Unsere Welt, unser Leben ist nicht im Gleichgewicht.
Das behebt kein „lieber Advent“ und das behebt auch unser Beten nicht.
Der Natur sind unsere Gefühle, unsere Schmerzen gleichgültig.
Gott nicht – hören wir, sagen wir.
Und wenn es gut geht – oder so geht, wie es sein soll und menschlich ist:
Uns ist es nicht gleichgültig, wenn Menschen auf dieser Erde leiden.

Aber zur Ehrlichkeit gehört nicht zu verschweigen,
dass unser eigenes Mitgefühl begrenzt ist,
und die Erfahrung des mitleidenden und mittragenden Gottes
eher eine Verheißung ist, eher ein noch unerfülltes Versprechen.
Glaube ist kein Garantieschein für unbekümmertes Leben,
dem widerspricht (schon) das Kreuz Jesu.

Der Advent richtet sich besonders an die Verletzten, an die Geknickten,
an die Zerrissenen, an die Gedemütigten, denn sie sind offen für die Worte:
„Erhebt euer Haupt.“ „Tröstet mein Volk.“ „Sagt den Verzagten, habt Mut.“
So sehr diese Zeit uns im Brauchtum begegnet
als geschäftige Vorbereitungszeit auf Weihnachten,
so will sie doch vor allem wachsam machen für den kommenden Christus
in jedem Augenblick.
Wir warten nicht auf das Ende der Tage,
wir richten uns auf den aus, der längst da ist.
So sehr Alltag unser Leben bestimmt,
das Evangelium spricht von Feldarbeit und vom Mahlen an der Mühle,
Gott ist dabei – und Ihn wahrzunehmen, verändert alles.
Von der hl. Teresa von Ávila wird ihr Wort überliefert,
dass Gott auch „zwischen den Kochtöpfen umhergeht“.
Wer Ihn da nicht findet, so eine Überlieferung, der findet Ihn nirgends.

Was ist dann der Advent anders als unsere Sinne und Gedanken
auf die Allgegenwart Gottes zu lenken,
die uns menschlich begegnet?
Sein Kommen ist fortwährend, unser Herz macht es zur Ankunft.

Pin It on Pinterest

Share This