Pfingsten 2023
Pfingsten hat viele Aussagen.
Wie auch nicht: Wo der Geist Gottes weht, da ist nichts eintönig,
nichts einfältig, nichts farblos.
Da spricht nicht nur eine Stimme,
da sind nicht nur Menschen aus einem Milieu,
da reden nicht nur Menschen mit akademischer Bildung,
da verkündigen nicht nur Männer.
Die vielen Erfahrungsschätze der unterschiedlichen Menschen
miteinander und mit Gott können nur fruchtbar werden,
wenn sie auch Ausdruck und Gehör finden.
Sonst wird das mit dem Glaubensleben und mit der Kirche
eine ziemlich einsilbige Sache – irgendwie erleben wir das ja.
Wo zu viel vom Gleichen ist, da ist keine Spannung mehr,
da ist die Luft raus.
Und Luft brauchen wir, viel Luft, Wind, Sturm, Brausen.
Heute würden wir sagen: Unsere Blätter werden durcheinander gewirbelt,
der Wind trägt den Samen dorthin, wohin er ohne den Wind nicht käme.

Der Geist lässt sich wie eine Zunge nieder – und alle beginnen,
in „anderen“ Sprachen zu reden.
Natürlich geht es um die Muttersprachen,
aber damit auch um das je eigene.
Es braucht die Übersetzung in die verschiedenen Sprachen und Kulturen.
Nicht alles wird überall gleich verstanden und gelebt:
Vielfalt von Anfang an.
Aber wie entlastend zugleich:
Nicht jede und jeder kann und muss alle erreichen
und für alle verständlich sein – denn wir sind begrenzt.
Wenn wir von Gott reden, dann in unserer je eigenen Sprache,
mit unserer je eigenen Färbung, mit unserer je eigenen Geschichte,
mit unserem je eigenen Erleben.
Der Geist Gottes ist nicht teilbar, aber nur begrenzt mitteilbar.
Und Grenzen sind uns gesetzt – abhängig von unseren Erfahrungen, Begabungen und Konstellationen, auf die wir keinen Einfluss haben.
Darum braucht es das Zusammentreffen der vielen Geist-Beschenkten,
es braucht den Austausch, die gegenseitige Bereicherung.
Es gibt kein mehr oder weniger
an heiliger Geisteskraft für einzelne Menschen.
Der hl. Geist lässt sich nicht kanalisieren durch menschliche Macht,
auch wenn die Kirchengeschichte unzählig viele solcher Versuche kennt:
Er weht und wirkt unabhängig – eben wo er will.

Wir sind gewohnt zu hören,
dass mit Pfingsten der hl. Geist in die Welt kommt.
Als wäre diese Geisteskraft nicht von Anfang an da gewesen
über der Urflut schon am Beginn der Schöpfung –
wie wir auf der ersten Seite der Bibel lesen können.
Pfingsten erweitert allerdings unser Verständnis von dieser Geisteskraft,
wenn wir hören, dass der eine Geist in den verschiedenen Menschen
sich unterschiedlich entfaltet.
Darum brauchen wir die Ergänzung,
das Wahrnehmen der vielfältigen Wirkweisen der Geisteskraft.
Niemand kann länger sagen: So wie ich Glauben lebe,
ist es allein richtig.
Niemand kann länger sagen: Es gibt nur diese eine Weise, Kirche zu sein.
Glaube kann und muss sich unterschiedlich ausdrücken,
sonst würden wir uns selbst mit unserem eigenen Leben
und mit unserer eigenen Geschichte nicht ernst nehmen.

Die Vielfältigkeit, die in unserer Zeit stärker sichtbar wird, die Diversität
kann erschlagen, fordert heraus.
Aber ist sie nicht auch und vielleicht vor allem Geisteswehen, Geist gewirkt
und wird endlich sichtbarer, erlebbar, und kann sich entfalten?
Pfingsten ist nicht, wo Einheitsbrei gekocht wird.
Pfingsten ist nicht, wo alle dieselbe Sprache reden,
Pfingsten ist nicht, wo ein laues Lüftchen gemächlich ein Grashalm bewegt;
Pfingsten ist, wo alle auf ihre Weise, mit ihrer Mundart,
mit ihrem eigenen Leben die großen Taten Gottes verkünden;
Pfingsten ist darum auch ein bisschen
– und vielleicht gar nicht nur ein bisschen – Chaos und Durcheinander –
aber damit die Möglichkeit und die Erfahrung,
dass alle in ihrer eigenen Sprache verstehen können.

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