4. O- So 2023 A Joh 10, 1-10
Manches berührt uns mehr, manches weniger.
Manches fasst uns mehr an, manches weniger.
Wir sind nicht immer stabil genug, um uns selbst zu schützen.
Mal sind wir mehr anfällig für Verletzungen, mal weniger.

Wir fallen rein: Auf Werbung, die mir verspricht,
dass mir ein bestimmtes Produkt zum Glücklich sein fehlt;
auf Genussmittel, die kurzfristig Wohlgefühle verschaffen;
auf dunkle Gedanken, die entmutigen und lähmen;
auf Menschen, die genau zu wissen vorgeben,
was für mich das Beste ist.
Unser Inneres ist auf vielfältige Weise erreichbar.
Gedanken, Bilder, Worte dringen in uns ein –
und nicht immer können wir uns wehren.
Die Weisen, wie Menschen sich erreichen und beeinflussen können,
sind vielfältig und subtil.
Abhängigkeitsverhältnisse spielen eine Rolle:
Je schwächer ich mich selbst fühle, um so mehr vertraue ich anderen
oder bin auf sie angewiesen.

Ich lande nicht automatisch bei Menschen,
die mich „bei meinem Namen rufen“, die mich persönlich meinen.
Ich lande auch bei Menschen, die mich brauchen,
um sich selbst bereichern zu können.
Sie finden einen Weg, eine Schwachstelle,
eine Einlassmöglichkeit in mein Inneres und betreiben Raubbau.
Wie schrecklich das sein kann,
führen uns die Missbrauchsverbrechen in der Kirche vor Augen:
Vertrauen wurde erschlichen, Menschen wurden angelockt,
aber das Ziel des Anlockens war nicht das Wohl des Menschen,
sondern die Befriedigung eigener Machtgelüste.
Im geistlichen Missbrauch nicht anders:
Das Schüren von Ängsten und Höllenängsten
ermöglichte Menschen in der Kirche einen Abhängigkeitsaufbau.
Priester und Bischöfe bekamen eine Macht
und nicht selten damit verbunden ein Ansehen und einen Reichtum,
der sie unantastbar machte, wie Maden im Speck leben
und Menschen klein und eingeschüchtert zurück ließ.
Berühmtes Beispiel ist das Wort des Dominikaners Johann Tetzel:
„Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“

Wir tragen füreinander Verantwortung.
In den vielfältigen Beziehungen, die wir leben,
schwingt mit diesem Evangelium die Frage mit:
Welche Zugänge wähle ich zu anderen Menschen?
Gehe ich den einsichtigen, den transparenten Weg durch die Tür?
Sind meine Absichten lauter – oder wo stehe ich in Gefahr,
Menschen zu gebrauchen und damit zu missbrauchen,
damit ich gut und groß da stehe oder ich mich bestätigt fühle?
Wie grausam sind Menschen und Institutionen,
die vorgeben, sich um andere zu kümmern,
es aber vor allem in der Absicht tun, um selbst dabei gute Gefühle zu haben
oder reich und mächtig zu werden.

Der Dieb hat sich selbst im Blick, er zerstört,
ebenso wie Werbung, Genussmittel, alles wissende Menschen
und dunkle Gedanken zerstören,
wenn sie über uns Macht gewinnen.

Anders ist es mit der Macht Jesu.
Und es geht hier um Macht, zumal das Hirtenmotiv im gesamten Alten Orient ein Bild für den Herrscher war, der sein Volk weidet,
sich also ihm in Fürsorge verpflichtet weiß.
Jesus versteht und lebt seine Macht nicht, damit sie ihn zum Blühen bringt,
sondern damit jene das volle Leben haben, aufblühen,
denen er begegnet.
Er sieht von sich weg auf den anderen, dessen Namen er kennt,
dessen Persönlichkeit Nahrung und Entfaltung finden soll.
Der gute Hirt.

Und noch einmal „etwas queer“
im „Gottesdienst im Zeichen des Regenbogens“
Anderswo einsteigen.
Subtil. Von hinten. Sich einen Zugang verschaffen, der nicht transparent ist.
Vielleicht ist der Schafstall wie die Seele des Menschen.
Sie hat einen offiziellen Eingang, sogar mit Türhüter.
Aber der Türhüter kann nicht alles verhindern,
er hat nur den Eingang im Blick.
Er sieht nicht, wer sich anderswo einschleicht.

In unsere Seele schleicht sich vieles ein –
der beste Türhüter verhindert es nicht.
Die Weisen, wie Menschen sich erreichen und beeinflussen können,
sind vielfältig.
Abhängigkeitsverhältnisse spielen eine Rolle:
Je schwächer ich mich selbst fühle, um so mehr vertraue ich anderen
oder bin auf sie angewiesen.
Deswegen konnten und können sich
Missbrauchstäter bei Kindern einschleichen;
waren oftmals Ordensfrauen billige Arbeitskräfte,
die ausgenutzt oder für dumm verkauft wurden,
waren Frauen generell als das vermeintlich schwächere Geschlecht dazu da, die Dominanz der Männer zu stützen.
Minderheiten, Menschen mit Beeinträchtigungen, queere Menschen
wurden und werden besetzt und belagert,
wenn ihnen Konsequenzen aufgenötigt werden für Wirklichkeiten,
für die sie nichts können, weil sie ihnen in die Wiege gelegt wurden.
Diebe und Räuber
haben dann den perfekten Zutritt in die Seele von Menschen,
wenn es ihnen gelingt, den Belagerten sogar noch einzuflößen,
sie seien selbst und allein für ihre Lage verantwortlich.
Sie haben eben Pech gehabt,
weil sie der Norm oder der vermeintlichen Normalität nicht entsprechen;
andere entscheiden über sie, meist Menschen in der Mehrheit,
und Minderheiten werden aussortiert oder anders behandelt,
wie man mit krummen Gurken beim Gemüse umgeht: Keine Chance.
Wem lang genug suggeriert wird: Du fühlst falsch, du bist nicht richtig,
du taugst nicht – glaubt es am Ende selbst.

Hintereingänge in die Seele von Menschen gibt es zuhauf.
Und langsam und konsequent hintenherum geredet und gehandelt
zerstört Menschen direkt
oder ruft in ihnen selbst zerstörerische Gedanken hervor.

Wir tragen füreinander Verantwortung.
In den vielfältigen Beziehungen, die wir leben,
schwingt mit diesem Evangelium die Frage mit:
Welche Zugänge wähle ich zu anderen Menschen?
Gehe ich den einsichtigen, den transparenten Weg durch die Tür?
Sind meine Absichten lauter – oder wo stehe ich in Gefahr,
Menschen zu gebrauchen und damit zu missbrauchen,
damit am Ende ich selbst gut und groß da stehe
oder ich mich bestätigt fühle?
Brauche ich die Abwehr von Lebensweisen und Gefühlen anderer Menschen,
um meine eigenen als die einzig richtigen darzustellen,
und reich zu werden durch die Abwertung anderer Menschen?

Wie grausam sind Menschen und Institutionen,
die vorgeben, sich um andere zu kümmern,
es aber vor allem in der Absicht tun, um selbst dabei gute Gefühle zu haben
oder reich und mächtig zu werden.
Ich fühle mich groß, wenn ich andere klein mache.
Ich fühle mich auf der richtigen Seite des Lebens,
wenn ich andere auf der falschen Seite einordne.
Männer konnten lange Zeit – nur weil sie Männer sind – begründen,
dass der Platz der Frauen in der Küche und bei den Kindern sei
und in der Kirche keinesfalls am Altar.
Heterosexuell liebende Menschen konnten lange Zeit
die Ehe allein für sich beanspruchen
und sie nicht heterosexuell liebenden Menschen vorenthalten.
Was ist das anderes als das, was Diebe und Räuber tun?
Für mich ist selbstverständlich und bereichernd,
was anderen vorenthalten ist.
Und wie perfide und perfekt, wenn die anderen das glauben.

Wir alle brauchen die achtsamen Türhüter und können sie selbst auch sein:
Aufpassend darauf, was Menschen erreicht
und wovor sie auch geschützt werden müssen,
damit sie nicht wie Objekte oder dumme Schafe behandelt werden.
Denn das will Jesus als der gute Hirte nicht:
Menschen wie Schafe behandeln, um von ihrem Fleisch zu leben.
Er versteht und lebt seine Macht nicht, damit sie ihn zum Blühen bringt,
sondern damit jene das volle Leben haben, aufblühen,
denen er begegnet.
Er sieht von sich weg auf den anderen, dessen Namen er kennt,
dessen Persönlichkeit Nahrung und Entfaltung finden soll.
Der gute Hirt.

 

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