A 17 2023 Mt 13,44-52
„Habt ihr das alles verstanden? Sie antworteten ihm: Ja.“
Was hätte ich geantwortet?
Ich weiß es nicht.
Manchmal lasse ich mich mitreißen,
stimme ein in das, was die meisten sagen und fühle mich dadurch sicher.
Im Strom schwimmen verlangt keine Erklärung.
Wird schon richtig sein.
Und wenn nicht, dann bin ich es nicht allein.
In eine Gemeinschaft eingebettet sein schützt.
Nicht auffallen, nicht nachfragen, keinen Zweifel anmelden.

Wir wissen aus dem Lauf der Geschichte der Jünger mit Jesus,
dass sie ihn mindestens bis Ostern nicht verstanden haben,
sein Sterben nicht akzeptieren konnten,
die Ankündigung seines Leidens nicht,
und auch manche seiner Worte und Handlungen nicht.
Vielleicht sprechen Jakobus und Johannes im Markus Evangelium aus,
was das eigentliche Anliegen der Jünger (vielleicht auch Jüngerinnen) ist:
„Lass in deinem Reich einen von uns rechts
und den andern links neben dir sitzen.“
Ist das nicht bis heute in Kirche so:
der Drang, durch Jesus etwas Besonderes werden zu wollen,
herausgehoben, wie es die Kleidung der Kleriker sichtbar macht,
besondere Plätze?

In der viel diskutierten Abschlusspredigt des evangelischen Kirchentages
in diesem Jahr zitierte Pastor Quinton Ceasar einen Satz aus seiner Kindheit,
der sich wie ein roter Faden durch seine Predigt zog:
„Hey du, lüg nicht so.“
Das „Ja“ der Jünger auf die Frage Jesu, ob sie alles verstanden haben,
kommt mir zu leicht daher, zu sicher.
Es wirkt wie „am grünen Tisch“ gesprochen,
wie ein feierliches Amen am Sonntag, das den Alltag ausblendet.
Und manche Rede in den Kirchen,
von Glaubensmännern und Glaubensfrauen, auch meine eigene,
empfinde ich ebensowenig geerdet,
sondern eher als ein Wiederholen von Bibelworten, als Abhandlung,
als blutleere Worte, weil im Grunde zu wenig vom eigenen Leben daran klebt.
Martin Buber, der jüdische Religionsphilosoph, hat einmal gesagt:
Man kann nicht ÜBER Gott reden, nur VON Gott.
Das ist ein Unterschied:
Über jemanden reden lässt mich einordnen, der andere wird zum Objekt;
von jemanden reden, lässt mich bezeugen, ich teile mit, was ich höre.

„Habt ihr das alles verstanden?“
Ganz sicher hätte Jesus mit einem Nein umgehen können.
Und kann es auch heute.
Ich glaube, er weiß sehr wohl um mein, um unser unausgesprochenes Nein.
Ich glaube sogar, dass er den Tag herbei sehnt, an dem es aufhört,
dass wir als Glaubende uns selbst und anderen etwas vormachen.

Erst wo Schwächen erkannt, erst wo Fehler benannt werden,
kann Veränderung beginnen.

In den Worten dieses Gleichnisses gesprochen glaube ich,
dass Menschen, die nicht in der Masse untergehen,
dass Menschen, die ins Wort bringen, wo sie an Grenzen stoßen,
was sie im Glauben und im eigenen Leben nicht verstehen,
die von Gott entdeckten Schätze und gesuchten Perlen sind;
dass der ganze Einsatz Gottes darin liegt,
dass wir uns entdecken, aufdecken lassen, dass wir offen vor ihm sind,
unverstellt und echt –
solche Menschen sind die Perlen, die er sucht.

Denn auch diese – im Grunde drei kleinen – gehörten Gleichnisse
beginnen mit den Worten:
Mit dem Himmelreich ist es wie.
Himmel meint das Wirken Gottes,
Himmel ist, wo Gott ganz wirksam sein kann.

An uns ist es zu tun, was Rainer Maria Rilke vor 120 Jahren einmal
(in einem seiner „Briefe an einen jungen Dichter) geschrieben hat,
ein kostbares Wort, wie ich finde:
„Denken Sie, daß das wenigste, was wir tun können, ist,
ihm (gemeint ist Gott) das Werden nicht schwerer zu machen,
als die Erde es dem Frühling macht, wenn er kommen will.“

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