C 18 2022 Lk 12,13-21
Die Vorratskammer im Keller bei uns Zuhause habe ich geliebt.
Ich sehe noch die vielen Einmachgläser vor mir,
ein paar Konservendosen, den Mehl- und Zuckersack, die Eierpalette,
Flaschen mit dem selbst gemachten Saft, Marmeladengläser,
die ab Mitte November gelagerten Weihnachtsplätzchen
und – wenn mal eine Familienfeier war –
die vorbereiteten oder übrig gebliebenen Speisen.
Ich hielt mich gern in der kühlen Kammer auf,
schaute in die Regale und fand es schön.

Wir brauchen Vorräte – sie sind um so wichtiger in Zeiten,
in denen man nicht bekommen kann, was man braucht.
Jeder Mensch ist selbst wie eine Vorratskammer –
und damit meine ich nicht die am Bauch manchmal mehr
und manchmal weniger sichtbar ausfallenden Investitionen,
sondern all die Erfahrungen, die er sammelt,
all die Erinnerungen, von denen er zehrt.
Und unsere Kirche ist eine Vorratskammer:
sie bewahrt Rituale und Gebete, Traditionen und Lieder,
Weisheiten und Geschichten, Hoffnungen und Fragen.

Das Gleichnis im Evangelium vom reichen Kornbauern
warnt uns vor einer Bevorratung, die nur das eigene Wohl im Blick hat;
vor verschlossenen Scheunen, die nur der eigenen Bereicherung dienen.
Unsere Kirchen Vorräte sind vielen Menschen nicht mehr zugänglich.
Die Schlösser vor unseren Scheunen
bestehen aus Menschen ausgrenzenden und diskriminierenden Regelungen,
aus vermeintlichen Machtworten, die Grenzen setzen wollen,
aus einem sich Verschließen gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen
und dem immer noch schweren Stand von Menschenrechten.
Einige wenige haben die Schlüssel in der Hand
und horten all das, was sie für unaufgebbar halten.
Sie suchen ihr eigenes Heil, ihre Sättigung,
ruhen sich auf dem aus, mit dem sie selbst etwas anfangen können.
Wir renovieren unsere Kirchen, die nur wenigen Menschen
maximal eine Stunde in der Woche ein Dach über dem Kopf bieten,
wir singen die Lieder, die uns gefallen,
aber immer weniger Menschen etwas sagen und bedeuten.
Am Ende wird der Kreis immer kleiner,
wie wir es schon länger beobachten können –
und wir stehen allein in unseren Scheunen.

Das ist im Gleichnis die Stunde des Gerichts.
Wem wird dann das gehören, was du – nur für dich – angehäuft hast?
Das 2. Vatikanische Konzil hatte einen Gegenentwurf gezeichnet
und Kirche das „Sakrament des Heils für die Welt“ genannt.
Es war davon ausgegangen, dass sie eine Botschaft hat,
die das Leben von Menschen aufhellt und ihnen wirklich Lebenshilfe ist.
Wir stellen allerdings fest,
dass wir immer weniger Bedeutung haben für die Welt –
und Kirche immer mehr in hausgemachten Problemen verstrickt ist.
Die Scheunenwände werden dicker und dicker –
Vorräte, die viele nähren könnten, bleiben ungenutzt.

Ich denke an die Vorratskammer bei uns Zuhause.
Sie veränderte sich im Lauf des Jahres, im Frühjahr waren viele Gläser leer.
Und irgendwann ging es aufs neue los, dass sie wieder voller wurde.
Und – ja, es gab auch Gläser, die verdorben waren, weil übersehen
oder mehr als überjährig.
Sie mussten entsorgt werden – wie schade.

Wir sind nicht zum Horten und Bewahren auf der Welt.
Was aufhört mit Menschen zu sprechen und sie zu nähren,
verliert an Bedeutung und verkommt.
Was zurückgehalten wird vor lauter Angst, es könne sich verändern
und natürlich verändert es sich im Gebrauch –
ist am Ende schlecht geworden.

Wenn unsere Kirche Menschen,
die sich diskriminiert und ausgegrenzt fühlen, nichts weiter zu sagen hat als:
Das ist unsere Tradition, das ist unser Vorrat,
wenn sie kritischen Menschen nichts anderes zu entgegnen hat als:
Das ist unser Glaube –
bleiben die Scheunen verschlossen.

Wenn wir feststellen oft in den eigenen Familien,
dass Kirche kaum noch eine Rolle spielt oder gar keine mehr,
was hindert uns, unsere Vorräte hervorzuholen,
sie aufzubereiten und anzubieten
dass sie zum Salz der Erde werden, sich auflösen, weil sie eben nur so wirksam werden können?

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