7. O So 2022 Joh 17,20-26
Ein Gebet.
Über ein Gebet kann man nicht predigen.
Auch wenn der Evangelist Johannes es so konzipiert,
dass die großen Anliegen Jesu wie zusammengefasst erscheinen:
es bleibt ein Gebet.
Allenfalls der erste Satz nicht:
Jesus erhob Seine Augen zum Himmel.
Manchmal sehen wir den Himmel nicht und stecken fest im Alltäglichen.
Wer zum Himmel schaut,
nimmt eine andere Blickrichtung ein, blickt in die Weite.
Das ist mehr als ein Tapetenwechsel.
Ich möchte Ihnen von einem weitenden Blick erzählen.
Ich mag Mariawald in der Eifel. Ein ehemaliges Trappistenkloster.
Seit einiger Zeit bin ich mehrfach im Jahr dort.
Vorletzte Woche noch.
Die Abtei ist seit vielen Jahrhunderten ein Ort des Gebetes
und der Gastlichkeit auf der Reise durch die Eifel.
2018 wurde das Kloster der Trappisten aufgelöst.
Ich mag die Abteikirche. Sie ist schlicht.
Ich mag ihren Geruch, ihre Kühle, mitunter Kälte, ihre Klarheit.
Ich sehe die beiden Seile und an ihnen die alten Mönche,
die sie zu den Gebetseinheiten zogen.
Ich sehe die großen Ablagen für die schweren Bücher,
aus denen sie murmelten, beteten, sangen.
Zum Schluss feierten sie im vorkonziliaren Ritus,
nicht meine Art des Gottesdienst Feierns.
Aber für die Augenblicke, die ich in der Kirche war, dennoch faszinierend.
Ich nehme den Raum mit Gebeten und Gesängen gesättigt wahr,
sehe die vielen Menschen,
die im nahegelegenen einfachen Gasthaus einkehren
und jeden Tag neben anderen Speisen immer Erbsensuppe
essen können.
Das Einfache spricht und wirkt.
Sie besuchen die Kirche, dieser spirituelle Ort zieht nach wie vor,
auch wenn er geistlich seit 2018 „verwaist“ ist
und nun mit einem Priester aus dem Bistum Essen
spirituell wieder belebt werden soll.
Denn neben dem Riechen und Schmecken,
dem Sehen und der Wanderschaft
(durch den Wald oder den Kreuzweg hinauf) braucht es etwas zum Hören, zum Deuten und Vertiefen.
In manchen Tagträumen sehe ich mich dort.
Dieser Ort ist in sich ein sprechender, ein geistlicher.
Er braucht und verträgt nicht die Riesenkonzepte.
Er könnte Menschen zum Kloster auf Zeit einladen,
den vielen Besucherinnen und Besuchern Impulse in der Kirche mitgeben,
er könnte weiterhin Seele und Leib zusammen bringen.
Ein Ort zum Sein:
In Ehrfurcht vor der Tradition und mit Blick darauf,
was Menschen heute an diesem Ort neben Erbsensuppe und Trappistenbier noch mitnehmen könnten.
Wenn ich mich dort hinträume, frage ich mich:
Ist es ein Fliehen vor dem – ich finde – grauer werdenden Gemeindealltag? Und eine unrealistische Sicht auf die spirituellen Orte und Zentren
in der Annahme, hier kämen die suchenden Menschen von selbst –
und in den Gemeinden kann man es kaum jemanden recht machen,
was vermutlich die meisten wissen,
die beispielsweise in der Erstkommunionvorbereitung stecken,
Gemeinden mit weniger Personal in eine ungewisse Zukunft führen sollen,
und damit zurecht kommen müssen,
dass es auch immer weniger Menschen gibt,
die beispielsweise als Organistin oder als Organist
mit immer weniger Menschen Erfüllung in ihrer Arbeit finden,
wie überhaupt kirchliche Berufe kaum noch auf Interesse stoßen.
Ist es richtig anzunehmen, dass der Ort, wo man ist, der ist,
wo Gott einen haben will?
Dass weniger das Wo und das Was entscheiden, sondern das Wie?
Weil man an jedem Ort zum Himmel aufblicken kann,
der überall gleich ist?
Dann denke ich an das große Taufbecken hier,
sehe Menschen dort: bei der Taufe, beim Trauern, zum Beten und Reden.
Wir brauchen Orte, wo wir die Augen zum Himmel heben können,
den Alltag nicht vergessen, aber einordnen können,
ihn sozusagen ins Gebet nehmen, wie Jesus die Jünger
und alle, die durch ihr Wort an Ihn glauben, ins Gebet nimmt.
Besondere Orte helfen, die Augen zum Himmel zu erheben,
sich der Weite Gottes zu vergewissern,
die manche Alltagsenge in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Aber überall ist es derselbe Gott, der die Augen, der den Kopf erheben lässt
und einlädt, den so geweiteten Blick für alles und jedes einzunehmen.