B 2. Advent 2023 Mk 1, 1-8
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn.
Anfang.
Ja, wann hat es begonnen?
Markus lässt sein Evangelium wie gerade gehört beginnen –
und dann geht es in seiner Erzählung schon weiter mit der Taufe Jesu.
Lukas fängt – so könnte man meinen – früher an:
Mit Engeln, die unterwegs sind zu Zacharias und zu Maria,
die bekannte Weihnachtsgeschichte – historisch nicht so recht zu fassen.
Das Evangelium selbst, wo ist sein Beginn?

Wie ist das mit den Anfängen?
So genau lässt sich das nicht sagen.
Zumal der Sohn, Christus, ja immer schon da war.
Der Evangelist Johannes sagt: schon am Anfang war es, das Wort,
alles ist durch das Wort geworden.

Anfänge liegen oft im Verborgenen –
ich glaube, die großen, die wesentlichen immer.
Unser eigener Anfang liegt für uns im Dunklen.
Auf einmal sind wir da – werden uns unserer selbst bewusst –
und dies ein Leben lang.
Anfänge von Liebe liegen im Verborgenen:
Auf einmal schlägt das Herz schneller – und wir merken: Da ist mehr.
Anfänge von Krankheiten und Sterben liegen im Verborgenen:
Wer weiß, wann was beginnt?
Anfänge vom eigenen Glauben liegen im Verborgenen:
Irgendwann wurde oder wird uns klar, wem wir Vertrauen schenken.
Der Anfang, an dem wir zum ersten mal
ein Wort als Gotteswort wahrgenommen haben, liegt im Verborgenen;
der Zeitpunkt, wo alles begann, wird den meisten nicht bewusst sein.
Anfänge von Kriegen und Streitereien lassen sich nicht genau benennen,
zumindest nicht, wenn man redlich nach Ursachen fragt.
Selbst Gedanken und Ideen mögen auf einmal da sein;
aber wie sie entstehen und werden, wer und was wann dazu beiträgt,
lange bevor sie sich formen und Ausdruck finden,
vermögen wir nicht allumfassend zu sagen.
Anfänge des Keimens von Saaten und Zwiebeln liegen im dunklen Erdreich,
wir nehmen es erst mit dem Spross wahr;
und mehr noch: Ein zu frühes Nachschauen und Offenlegen
könnte zerstören.

Anfänge liegen nicht immer in unserer Hand.
Sie brauchen eine „reife Zeit“ und eine „Reifezeit“.
Sie kommen über Nacht,
wir nehmen sie wahr, wenn sie da sind, ähnlich dem Tau am Morgen.
Das geschriebene Wort ist da, bevor es aufs Papier kommt;
Wahrheiten sind da, bevor sie als solche erkannt oder bekannt werden;
das Licht nähert sich, lange bevor wir es sehen.

Rainer Maria Rilke schreibt in einem seiner Gedichte:
„Bis wohin reicht mein Leben, und wo beginnt die Nacht?“
Wie weit kann ich zurückgehen oder erkennen,
und ab wann ist es unerforschlich und dunkel?

Anfang ist immer –
unabhängig von meiner Wahrnehmung, unabhängig von meinem Begreifen.

Wenn ich im Alltag von Anfängerin oder Anfänger höre,
dann schwingt mitunter die Aussage mit,
keine Ahnung oder noch keine Ahnung zu haben –
und es drückt ein Defizit aus.
Im Glauben nehme ich es anders wahr:
Anfangend zu sein bedeutet hier entdeckend zu sein,
aufspürend, findend und vorfindend, nachgehend.
Gott ist immer schon da.

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