4. Fa.So. B 2024 Joh 3,14-21
Hingebungsvolle Liebe, Rettung, Glauben, Gericht, Licht, Finsternis.
Große Worte.
Sie werden zum Inhalt eines nächtlichen Gespräches
zwischen Jesus und Nikodemus,
von dem wir gerade einen Auszug gehört haben.
Konzentriert und dicht:
Eine halbe Bibelseite fasst zusammen, was Erlösung heißt.

Die Bibel sieht uns Menschen als erlösungsbedürftig –
ausnahmslos alle.
Befreiung von Schuld und Schuldgefühlen, von Sinnkrisen, Verlorenheit,
von Ängsten, Unfreiheit, Leiden, Tod.
Allen gemeinsam ist, dass uns diese Themen,
die ja als Infragestellungen mehr als Themen sind, herausfordern,
dass sie uns an Grenzen stoßen lassen,
uns wieder und wieder beschäftigen, mitunter quälen.
Wir werden damit nicht fertig.
Im Gegenteil.
Besonderes in Grenzsituationen erleben wir uns als Bedürftige,
bedürftig, wenn wir am Grab eines Menschen stehen,
bedürftig, wenn der Magen voll, aber die Seele leer ist,
bedürftig, wenn Begrenzungen die Lebensfreude nehmen,
bedürftig, wenn die vielen Warum und Wozu Fragen antwortlos bleiben.
Wohin mit dieser Bedürftigkeit?
Die Bibel räumt sie nicht weg, sie sieht sie radikal –
und sie macht sie radikal deutlich.
Sie beschreibt menschliche Irrwege, Schuld, Gewalt, Ohnmacht,
Leben, das jenseits von Eden verloren ist,
und die Erfahrung, dass sich kein Mensch selbst sättigen kann.

Der Antwortversuch, das Hilfsangebot
in dem nächtlichen Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus
ist eine Blickrichtung:
Auf den erhöhten Menschensohn zu schauen.
Wir werden auf eine Person verwiesen,
nicht auf eine Sache oder auf ein Rezept;
wir werden auf das Wirken Gottes verwiesen, nicht auf eigene Leistungen.
Das ist der Beginn von Erlösung:
Wir vermögen es nicht, uns selbst einen Sinn zu geben, einen Halt,
und wir brauchen es nicht.
Das, worauf wir schauen, hält unseren Blicken nicht stand.
Es bleibt nicht, es zerfällt.
Es ist, um im Bild der Erhöhung zu bleiben, nicht hoch, nicht groß genug.

Mitunter erscheint uns der Glaube mit all seinen Sätzen und Geboten
wie ein Maßnahmenkatalog, wie eine to do Liste.
Verdienstdenken schleicht sich ein.
Geht es nach Verdiensten, ist es nie genug, was wir tun.
Wie befreiend, dass hier davon nicht die Rede ist.
Hier ist vom Handeln Gottes die Rede.
Wir werden nicht zur Untätigkeit oder zur Unmündigkeit gedrängt,
aber finden im wahrsten Sinne des Wortes Entlastung:
Wir dürfen abgeben.
Wir dürfen übergeben.
Und hören, dass Gottes Handeln nur eine Ursache hat: Liebe.

„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab.“
Wenn das nicht so klingen soll, als liebe Gott die Welt mehr als seinen Sohn,
da er ihn sozusagen für die Welt einsetzt,
hilft mir der Gedanke, dass Gott sich selbst in Jesus hingibt.
Jesus erhält keinen Auftrag von außen.

Was könnte darum die Kernbotschaft dieses Evangeliums sein?
Gott ist an der Welt alles gelegen, er hält sich nicht heraus;
unsere Blickrichtung auf ihn ist die Einladung,
es ihm gleich zu tun.
Wer auf den erhöhten Menschensohn schaut,
sieht den Weg Gottes in der Welt:
Den Weg der Versöhnung und des Friedens, den Weg der Liebe.

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