Fronleichnam 2024
Haben Sie sich auch schon mal gefragt,
was dieser fast umständlich wirkende Anfang des Evangeliums
bedeuten kann?
Diese rätselhafte Anweisung Jesu an die Jünger,
der Hinweis auf die Begegnung des Mannes mit dem Wasserkrug,
den sie dann fragen sollen und der in ein bestimmtes Haus hineingeht?
Fast ein präzises Drehbuch.
Historisch plausibel lässt sich diese Szene kaum machen,
schließlich wird es nicht um hellseherische Kräfte gehen –
aber deutlich wird, dass Jesus hier die Anweisung für das Paschamahl erteilt und nicht die Rolle eines passiven Opfers spielt.
Gastgeber ist er, nicht die Jünger, nicht der Mann mit dem Wasserkrug,
nicht der Hausherr, der einen Raum im Obergeschoss zeigt.
Gastgeber ist Jesus, auch in dieser sich zuspitzenden Lage,
in der er sich vor der Feindseligkeit seiner Gegner schützt.

Mich spricht das sehr an,
denn es bedeutet, Gastgeber jeder Eucharistiefeier sind nicht wir,
nicht der Priester, nicht die sich Versammelnden,
nicht der Bischof, nicht der Papst.
Wie oft hat Kirche – von mir aus als Raum gewährende Größe –
sich selbst als Gastgeberin verstanden und akribisch aussortiert,
wer nicht Gast sein darf.
Die Erzählung von diesem Jesus, der sich beim Zöllner zu Tisch einlud,
der Menschen anderer Religionen – wie etwa den Samariter –
als Vorbild hinstellte, wird so überschattet.
Bibelwissenschaftler*Innen sind sich uneins,
ob nicht auch Judas beim Abendmahl mit dabei war.
Wie auch immer: Wir werden in den Evangelien einer Praxis Jesu gewahr,
die unendlich weit ist, so weit,
dass sie ihm den Titel „Freund der Zöllner und Sünder“ einbringt.
Diese Praxis ist sein Vermächtnis, das er sich vergegenwärtigt wünscht.
Es ist eine Praxis, die keine Mitra kennt und braucht,
aber ein mitfühlendes Herz.
Es ist eine Praxis, die keine eigenen Gewänder kennt und braucht,
aber Menschen, die Jesus Raum geben.
Vor dieser Praxis verblassen Worte und Regelungen,
die die meisten noch kennen wie: Sonntagspflicht, Nüchternheitsgebot
und vorhergehende notwendige Beichte.

Gastgeber ist Jesus.
Ist das eine Botschaft, die Menschen bei uns wahrnehmen und spüren?
Oder ist uns eigentlich nur recht, wer unsere Lieder singt,
unsere Formen mag und sich einfügt in dem, wie wir es gewohnt sind?
Ja, ich gebe zu, dass ich bei mancher Hochzeit zum Beispiel
oder bei Schulabschlussgottesdiensten mich schwer tue mit Liedwünschen, die Sängerinnen oder Sänger mit Musik aus der Dose vortragen –
aber warum sie in eine Form pressen,
die man so hat, zu haben hat oder die mir mehr entspräche?

Ich glaube, dass nach wie vor viele Menschen unterschiedlichster Art
am Tisch Jesu sitzen – auch in manchen Gottesdiensten,
an vielen Küchentischen
ebenso aber in den Armen- und Suppenküchen, in den Kleiderkammern,
in diesen Wochen in Hamm wichtig zu sagen: in den Substitutionspraxen –
und an Tischen, wo Menschen sich selbst,
ihr Leben auftischen, von dem andere zehren.
Ist das nicht Eucharistie:
sich aufmachen, von sich geben, sich selbst geben?
Ist das nicht Eucharistie:
dankbar annehmen dürfen,
sich beschenken lassen, wo jemand ganz da ist und sich gibt?

Die eucharistischen Tafeln enden nicht an den Kanten des Altars.
Sie enden da,
wo Menschen sich selbst zu Gastgeberinnen oder Gastgebern aufspielen,
wo sie entscheiden wollen, wer würdig ist und wer nicht –
da droht Jesus verschlossen zu werden;
aber ich glaube, da hat er sich längst selbst entzogen
und ist auf die Strasse gegangen mehr bei denen, die brauchen,
nicht bei denen, die meinen, sie könnten ihn geben und austeilen.

Gastgeber ist Jesus.
Er lässt sich das Heft, das Drehbuch des Lebens
nicht aus der Hand nehmen.
Er bleibt gegenwärtig, am meisten da, wo es echt zugeht,
wo Menschen in seinem Geist handeln, in seinem Namen.
Amen

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