A 19 2023 Mt 14,22-23 – 13.08.2023
Nächte können unerträglich lang sein,
wenn der Schlaf sich nicht einstellen will
und sich das Gedankenkarusell dreht.
Zu erledigende Aufgaben jagen durch den Kopf, ungelöste Probleme,
falsche Entscheidungen kommen in den Sinn,
Gespräche gehen nach,
gesagte Worte, die besser nicht gesagt worden wären.
Unruhe stellt sich ein, das Herz schlägt schneller, in den Ohren pocht es.
Man dreht sich von der einen auf die andere Seite, schaut auf die Uhr,
findet die zu zählenden Schäfchen nicht, die ablenken sollen,
denkt an den nächsten Tag, wie der unausgeschlafen zu überstehen ist.
Wie in Wellen rollt alles Beunruhigende wieder und wieder an.

Gegenwind. Hin und her geworfen.
Die Erfahrungen, die die Jünger nachts auf dem See machen,
kann man überall machen:
Heftige Unruhe. Angst. Existenzangst. Dunkelheit.
Unaufhörliches Kreisen der Gedanken, Rumoren:
Wie komm ich hier wieder raus?
Die Angst ist dominant, so wie schon ein einzelner schmerzender Zahn
alle Aufmerksamkeit auf sich zieht;
alles andere scheint verschwunden, bedeutungslos oder untergegangen.

Irgendwann, in der 4. Nachtwache, die Zeit zwischen 3 und 6 Uhr morgens,
vermutlich eher an 6 Uhr als an 3 Uhr, verändert sich was.
Zumindest für die Jünger im Boot –
manchmal auch in unseren unruhigen Nächten.
Mit der Morgendämmerung kommen Ruhe und Schlaf,
im Evangelium kommt Jesus.
Die Morgenstunde ist die symbolische Zeit für das Wiederkommen Christi:
das aufgehende Licht, der Anbruch des erlösenden Tages.
Die Nacht ist überstanden.

Aber da war doch noch was: Die Erfahrung, die Petrus macht,
eine Erfahrung, die wir uns ebenso wünschen:
Wie finde ich festen Grund unter den Füßen, wenn alles schwankt?
Was hilft mir, nicht in Sorgen und Ängsten zu ertrinken?
Die Antwort ist verblüffend einfach:
Schau nicht runter.
Wer Höhenangst kennt, weiß um die Wirkung dieses Satzes:
Nicht runter schauen.
Auf all das zu blicken, was passieren kann, was sich einstellen kann,
entmutigt und lässt taumeln.
Schau nicht nur nicht runter, schau auf das, was dich hält.
Manchmal gelingt es, manchmal nicht.
Petrus ist nicht der perfekte Glaubende, niemand ist es.
Er muss darum angesprochen werden.
Jesus weiß darum. Er streckt seine Hand aus.
Sie gibt Halt oder zieht empor: Hier aus den bedrohlichen Wellen
und generell aus dem verschlingenden Tod.

Petrus schrie.
Jesus kommt erst in der 4. Nachtwache.
Bis dahin ist die Nacht lang und die Hilflosigkeit groß,
vielleicht manches Boot gekentert.
Und eigene Erfahrungen oder Erfahrungen anderer verleiten zu der Aussage:
Gott scheint nicht jedes Schreien zu hören.
Nicht in allem Bedrohlichen
finden Menschen zwingend eine ausgestreckte Hand.
Manchmal können wir sie vielleicht bieten,
manchmal tun wir es möglicherweise auch, ohne es zu merken.

Drehen wir es darum um:
Jesus ist da, wo Menschen in ihrer Angst eine ausgestreckte Hand finden.
Jesus ist da, wo Schreie gehört werden.
Jesus ist da, wo unruhig Machendes weicht.
Jesus ist da, wo neues Licht anbricht.

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