Karfreitag 2024
Jemand schreibt Geschichte.
Etwas Herausragendes geschieht,
etwas weit über den Augenblick hinaus weisendes.
Man wird länger davon reden, weil etwas nachhaltig anders geworden ist.
Geschichtsschreibung erfolgt meist im Auftrag der Mächtigen
oder ist Anliegen der Gebildeten.
Je nachdem, wie man Geschichtsschreibung betreibt, beeinflusst sie,
verändert Perspektiven, lenkt den Blick.

Was wir am Karfreitag hören, was wir in der Bibel lesen,
ist nicht im Auftrag der Mächtigen geschrieben.
Das würde sich anders lesen.
Nicht die Mächtigen und Gebildeten kommen zu Wort sondern die Opfer:
Die Getretenen, die Misshandelten, die Kranken, die Elenden, die Verratenen,
die Geschlagenen, die Schwachen.
Ihre Perspektive findet Ausdruck.
Die transportierte Botschaft ist eindeutig:
Gott ist auf ihrer Seite, hier ist er zu finden,
bei Menschen, die keine Erfolgsgeschichte zu feiern haben,
bei denen, die man hin und her schubst, bei den Ausgetricksten,
den Gemiedenen.
Ist das nicht der große Trost dieses Tages und unseres Glaubens?

„Den wahren Freund erkennt man in der Not.“
Wird als Wort eines römischen Dichters (Quintus Ennius)
200 Jahre vor Christus überliefert.
Jemand, der bleibt, der nicht weggeht, der Schweigen aushält,
der nicht mit billigem Trost kommt, der mit mir weint.
Dafür steht das Kreuz.

Hier in der Kirche bildet der Corpus selbst das Kreuz.
Glauben ist die Herausforderung oder der Trost,
in jedem Kreuz, in jedem Leiden Christus anwesend zu glauben.
Die Brennstätten von Kerzen in den Kirchen, die Menschen entzünden,
sind weniger die Auferstehungsbilder oder die der Himmelskönigin Maria,
es sind die Kreuzesdarstellungen
und die Mutter mit dem toten Sohn auf dem Schoß.

Hier ahnen wir, dass wir in unserem Schmerz
gesehen und ernstgenommen werden;
hier vertrauen wir auf eine Kraft, die uns im Dunklen trägt.

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