A 31 2023 Mt 23, 1-12
Deutlicher sagt Jesus es an keiner anderen Stelle:
Vor Gott sind alle gleich.
Vor ihm spielen Verdienste keine Rolle: finanzielle nicht und ideelle nicht;
Vor ihm spielen Ämter keine Rolle: weltliche nicht und kirchliche nicht.
Alle verbindet die eine mütterlich väterliche Macht im Himmel,
sie macht Menschen zu Geschwistern.
Niemand steht über einem anderen Menschen –
das geht bis in die Frage der Kleidung hinein,
wenn sie Menschen voneinander abhebt,
einen eigenen Stand mitbegründen hilft und suggeriert,
jemand sei Gott näher als andere.

Der Gedanke der Gleichheit eines jeden Menschen vor Gott
ist unendlich wertvoll.
Er tut gut in einer Welt,
wo Menschen nicht gleich behandelt werden: Frauen und Männer nicht,
Kinder aus reichen und Kinder aus armen Familien nicht,
weiße Menschen und People of Color nicht.
Die Gleichheit der Menschen zu betonen ist wichtig,
gerade weil seit Kain und Abel Menschen ungleich erscheinen:
der eine bevorzugt, der andere vernachlässigt,
der eine von der Natur reich ausgestattet, der andere vergessen.

Aber in der Kirche werden ebenso immer noch Unterschiede gemacht:
Unterschiede zwischen Frau und Mann,
zwischen Menschen, die vor Brüchen in ihrem Leben verschont bleiben
und solchen, die gleich mehrere erleiden.
Menschen sitzen nicht auf dem Stuhl des Mose,
aber auf anderen Lehrstühlen und entscheiden:
wer darf Sakramente empfangen und wer nicht;
wer lebt in Gott gewollten Verhältnissen und wer nicht;
wessen Glaube ist richtig und wessen nicht;
wer gehört zur Gemeinschaft der Kirche und wer nicht…

Die Religionskritik Jesu wiegt schwer – bis heute.
Im Evangelium redet er von denen,
die sich selbst auf den Stuhl des Mose gesetzt haben.
Wie ist das mit unseren Lehrstühlen und Priestersitzen
mit den Apostolischen Stühlen und Vorsteherfunktionen:
Dienen sie dazu, den Platz frei zu halten, der Christus allein,
der Gott allein zusteht?
Sind sie wirklich der Botschaft des Evangeliums dienlich
oder dienen sie eher dem eigenen Machterhalt,
der eigenen Machtentfaltung?
Ein Seelsorgeteam in der Schweiz hat vor kurzem das liturgische Gewand
für unbestimmte Zeit abgelegt.
Als symbolischer Akt dafür, dass der Klerikalismus,
das kirchliche Zweikastensystem, welches einteilt in
hochwürdig und weniger würdig, in oben und unten, heilig und unheilig, abgelegt werden soll. Weil es ein toxisches System ist, das viel Unheil verursacht hat und es immer noch tut.
Das Seelsorgetam macht sich nun auf den Weg
gemeinsam mit den Menschen im Pastoralraum,
um noch mehr Schritte aus diesem menschenmissachtenden System
heraus zu finden, hin zur Gleichwürdigkeit aller.
Ob die SeelsorgerInnen das liturgische Gewand später wieder anlegen,
ist offen und hängt von den Gesprächen mit den Menschen am Ort ab.

Ihr sollt euch nicht Rabbi, nicht Vater, nicht Lehrer nennen lassen.
Diese drei Anreden lehnt Jesus für die ihm nachfolgenden Menschen ab,
vielleicht weil Menschen nicht in religiöse Abhängigkeitsverhältnisse
geraten sollen.

Wir lernen das in unseren Zeiten neu,
in denen wir geistlichen oder spirituellen Missbrauch zu verstehen beginnen:
Nämlich wenn Menschen, die Orientierung suchen,
mithilfe biblischer Aussagen, theologischer Inhalte oder spiritueller Praktiken manipuliert und unter Druck gesetzt werden.
Wo ein Mensch sich anmaßt, einzig und allein zu wissen,
was der Wille Gottes ist
und seine persönliche Auffassung allein
zum Maßstab für alle anderen ihm anvertrauten Menschen macht,
entsteht schnell ein Abhängigkeitsverhältnis.
Christliche Gottesbezüge und kirchliche Traditionen werden benutzt,
die persönliche Freiheit und die spirituelle Selbstbestimmung missachtet.

Es gibt kein „weiter vorn“ oder „hinten zurück“ auf dem religiösen Weg,
zumal es uns nicht zusteht, dies zu beurteilen
Es gibt im Religiösen kein Leiten – nur ein Begleiten.
Niemand kann wissen, was für die andere oder den anderen gut ist.
Was für einen selbst gut ist, muss es nicht für jemand anderes sein.
Nur einer ist euer Lehrer.
Wir alle sind Säende, nicht Erntende, mehr Hörende als Sprechende,
Rufende, nicht Richtende,
Nachfolgende, nicht Wegweisende;
Kinder der einen mütterlich väterlichen Macht im Himmel.

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