OSTERN 2018

Maria Magdalena: sag uns, was du gesehen.
heißt es in der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Ostersequenz.
Dieses Wort, diese Bitte steht in diesem Jahr auf der Osterkerze.
Die, die nicht sehen, bitten die, die gesehen hat, zu berichten.
Sind das nicht wir: die, die nicht gesehen haben?
Wir, die angewiesen sind auf die Zeuginnen und Zeugen,
die angewiesen sind auf Menschen, die weiter sehen
und uns mitnehmen?

Sag uns, was du gesehen…
wie spannend könnte es werden, wir würden einander erzählen,
was jede und jeder im Glauben sieht,
was es für Erfahrungen, für Erlebnisse sind,
die den Osterglauben stützen und stärken.
Von den Frauen am Ostermorgen hören wir, was sie sahen:
den weggewälzten Stein und einen Mann im weißen Gewand.
Das ist wenig.
Die Frauen schauen ins Leere,
ähnlich wie wir am Grab ins Leere schauen und spüren:
hier ist der Mensch nicht mehr, dessen Verlust wir beklagen.

Das Evangelium meint, es bedarf zunächst dieser Ein-Sicht.
Ostern beginnt damit zu sehen, wo Jesus nicht ist.
Wo er gestern noch war, ist er nicht mehr.
Was gestern Halt gab, ist heute verschwunden.
Glaube ist Be-weg-ung, kein Stillstand.
Wir „haben“ Jesus nicht.
Glaube besteht nicht darin, Vergangenes festzuschreiben.
Ein Glaube, der festhalten will, ist tot:
der haust in Grabhöhlen.
Wir brauchen keine Reliquien als Objekt frommer Andacht,
wir brauchen lebendige,
uns aus unseren Grabhöhlen herausfordernde Beziehungen.
Dafür steht der Mann im weißen Gewand, der junge Mann, wie es heißt,
denn Glaube muss sich immer erneuern, jung bleiben.
Provokation ist eine bewusste Herausforderung.
Die geschieht hier.
Denen, die gekommen waren, nach dem Rechten zu sehen,
denen, die gekommen waren, zu salben und zu konservieren, sagt er:
Geht. Hier ist nichts zu holen.
Bleibt nicht stehen. Geht weiter.

Manchmal erscheint mir Kirche wie eine Grabhöhle.
Viel Lebendigkeit ist dahin – und wir versuchen zu bewahren.
Doch das Salböl moderner Kommunikation und all die anderen Versuche ermöglichen keine Wiederbelebung.
Ostern feiern wir keine Wiederbelebung,
wir feiern einen vorausgehenden Christus.
Begegnen wird Er denen, die Ihm hinterherlaufen, Seine Spur aufnehmen,
die es wittern, wo es nach Ihm riecht.
Darum werden die Frauen, die Jünger nach Galiläa geschickt:
zurück auf Start sozusagen.
Die Aufforderung, die beim Monopoly – Spiel ärgerte,
wieder von vorn zu beginnen,
bedeutet hier:
das Evangelium beginnt von neuem,
wo Menschen die Spur Jesu aufnehmen,
Seine Barmherzigkeit leben,
Ihn – wie es im Taufritus heißt – wie ein Gewand anziehen,
wo Menschen also wirklich Christen werden:
sichtbar am Handeln, erlebbar in der Haltung.
Wer es so versucht, wird zur Osterzeugin, zum Osterzeugen,
und darf selbst auf dem Weg der Nachfolge Christus begegnen.
Stellvertretend für viele Namen steht es darum da:

Maria Magdalena: sag uns, was du gesehen…

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