A 26 2023 Mt 21,28-32
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“ lautet ein Sprichwort.
Wahrheiten können unbequem sein.
Überbringende von Wahrheit ziehen mitunter Hass auf sich.
Bei Jesus war das so – vielleicht ist es auch noch so.
Er zieht den Hass von Menschen auf sich,
die sich Gott und seinem Willen nahe wägen.
Sie fühlen sich von seinen Worten angegriffen und mit ihnen entlarvt.
Völlig undiplomatisch sagt Jesus ihnen,
wer in das Reich Gottes gelangt und wer nicht.
Und die ihm zugehört haben,
merken, dass er sie mit dem zweiten Sohn meint:
Menschen, die Ja sagen aber Nein tun.
Ich glaube, es geht um mehr als um eine nicht eingehaltene Zusage.
Es geht um Lippenbekenntnisse statt Leben.
Menschen bekunden etwas, was im Alltag keine Relevanz hat,
aus dem sich nichts ergibt:
Ein Gesangbuch mit Goldschnitt.
Ein Reden von Gott aber kein Leben mit Gott.
Ein Leben mit Fasten, Almosen und Gebet,
aber ohne Barmherzigkeit und Gerechtigkeit mit anderen Menschen.
Ein sich berufen auf biblische Worte, sie aber so auslegen,
dass sie einen selbst bestätigen und andere verurteilen.
Sich sicher darin glaubend, den Auftrag Gottes zu erfüllen,
aber genau das Gegenteil zu tun.
Jesus scheint Menschen so zu erleben:
Allein schon durch ihre Kleidung vorgebend, im Dienste Gottes zu sein;
von Gott redend, ohne sein Wort wirklich ernst zu nehmen.
„Sie machen ihre Gebetsriemen breit
und die Quasten an ihren Gewändern lang,
sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern“
wird Jesus im Matthäusevangelium später sagen.
Wenn auf Produkten etwas anderes drauf steht als das, was drin ist,
nennen wir es Etikettenschwindel.
Jesus deckt ihn auf.
Denn er lässt nur einen Maßstab zu:
Entscheidend ist für ihn, was oder wie wir Menschen leben,
Ob das, was wir sagen, mit unserem Tun überein stimmt.
Als in mir mein Berufswunsch reifte vor langer Zeit,
dachte ich, das wäre mein Ja zu Gott.
Mittlerweile frage ich mich, ob es mehr ein Ja zur Kirche als zu Gott ist,
denn manches von dem, was Kirche lehrt und lebt,
scheint der Erfahrung und dem Leben von Menschen zu widersprechen
und auch der Art und Weise, wie Jesus uns Menschen
Gott nahebringen möchte.
Wenn etwa, wie in dieser Woche,
der Nuntius am Beginn der Vollversammlung der deutschen Bischöfe
die Bibelstelle „Gott schuf den Menschen männlich und weiblich“
nach wie vor so auslegt, als hätten in der Schöpfungsordnung Gottes
nur Frauen und Männer Platz, schließt er Menschen aus.
Im erwähnten Beispiel ist es nicht mehr stimmig,
diesen Text rein binär auszulegen, sondern bipolar.
Zwischen den beiden Polen weiblich und männlich
muss sich jeder Mensch finden.
Und wir lernen und wissen im Grunde,
wie fließend Übergänge sind und immer schon waren.
Um im Bild dieses Gleichnisses zu bleiben:
Arbeiten im Weinberg bedeutet nicht, beim einmal Gesagten zu bleiben,
sondern es immer neu zu überprüfen, ob es noch stimmig ist.
Wir glauben an keinen starren Gott,
sondern an den, der mit den Menschen geht;
und wo Menschen an Erkenntnissen dazu gewinnen, sich entwickeln,
muss sich auch ihr Glaube entsprechend entwickeln.
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“:
Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes.
Denen Jesus das sagt, verstehen sehr wohl, was er meint.
Das werden sie nicht auf sich sitzen,
das werden sie nicht ungestraft bleiben lassen.
Wir wissen, dass solche Worte dazu gedrängt haben, zu überlegen,
wie man Jesus mundtot machen kann, wie man ihn los wird,
damit man selbst nicht mehr in Frage gestellt wird.
Wozu drängen uns diese Worte?
Ich verstehe sie als Einladung, mein eigenes Leben darauf hin zu prüfen,
was darin dem Auftrag Jesu wirklich entspricht –
und höre zugleich:
Noch ist es nicht zu spät. Noch kann ich loslegen,
noch kann ich in den Weinberg gehen.
Das richtige, das Evangelium gemäße zu tun ist von Bedeutung –
dafür ist noch Zeit.
Sie sprechen das aus was mir auf der Seele brennt.Danke