B 4 2024 Mk 1, 21-28
Vielleicht kennen Sie das:
Sie wollen einen Abend oder eine bestimmte Zeit allein sein
in den eigenen vier Wänden und freuen sich darauf,
versprechen sich Einkehr und Ruhe.
Einmal ganz für sich sein, im eigenen Raum:
niemand der stört; niemand, der ablenkt, einfach nur ich und mein Leben.

Plötzlich kommen unerwünschte Gäste –
Kein Klingeln an der Tür und Menschen kommen,
die Stuhl oder Sessel besetzen;
sondern der eigene Raum, das eigene Leben erscheint wie besetzt:
es sitzt was drauf, drückt, erstickt.

Anfangs gelingt es noch, sich zu beschäftigen, abzulenken, herumzukramen – doch längst sind sie schon im Kommen dabei,
die unerwünschten Gäste in Form von Gedanken, Gefühlen, Ängsten, Enttäuschungen, Verbitterungen, Unzufriedenheiten, Fragen:
„Das ist dein Leben?“ „Das bist du?“ „So soll es weitergehen?“

Das eigene Leben erscheint als ungeklärt, trüb, belastet, verstellt.
Vielleicht können wir so oder ähnlich den unreinen Geist deuten:
Mit sich selber nicht im reinen sein,
sich gelenkt, gezerrt oder gezogen fühlen;
innerlich trüb geworden zu sein,
ein eigentliches Ziel aus den Augen, aus dem Herzen verloren zu haben.
Unzählig viele Stimmen melden sich im Innern zu Wort,
und die ur-eigene geht darin unter;
ganz viel wohnt in einem, geistert herum –
und für einen selber bleibt kaum noch Platz.

Man fühlt sich besessen, besetzt,
ist nicht Herr eigener Gedanken und Kräfte.
Etwas sitzt auf, etwas hat Macht ergriffen,
etwas drückt nieder und macht zum Opfer,
etwas macht uns unklar.

Im Evangelium heißt es: In ihrer Synagoge,
also im Gebetshaus der Schriftgelehrten, sitzt dieser besessene Mensch.
Und es scheint nicht so, als hätte er sich dahin verlaufen
und säße eher zufällig da.
Der Eindruck ist ein anderer:
Nicht nur im eigenen Leben kann diese Besessenheit einziehen,
auch in den Raum des Religiösen kann sie sich aufhalten,
wird geduldet, akzeptiert, toleriert – oder vielleicht auch gar nicht erkannt.
Sie äußert sich bei der Lehre Jesu,
sie wird durch sein Wort geradezu herausgefordert,
es regt sich Widerspruch.
Denn er lehrt anders, als es die Ohren zu hören gewohnt waren,
nicht wie die Schriftgelehrten.
Was ist das andere?
Der Evangelist überliefert an dieser Stelle kein einziges Wort der Jesus Rede.

Möglicherweise klingt es an, wenn das Evangelium sagt:
Jesus treibt an einem Sabbat den unreinen Geist aus.
Er ist so souverän,
dass er auch noch so gewohnte und sinnvolle Ordnungen und Gesetze
außer kraft setzt, wenn es dem Heil und der Klarheit von Menschen dient.
Er lässt sich selbst nicht belegen, besetzen und unbeweglich machen
vom Erbe vergangener Zeiten,
von einer niederdrückenden Art, den Glauben zu leben.
Er schaut auf den Menschen, Er schaut auf den Notleidenden,
Er schaut auf den Kranken.
Seine göttliche Vollmacht besteht darin, dass er nicht am Buchstaben klebt, sondern am lebendigen Menschen.
Ihm gilt seine ganze Aufmerksamkeit:
den Menschen will er nicht besessen, sondern frei;
nicht niedergedrückt, sondern aufrecht.

Jesus erkennt auf Anhieb, was am Menschen besessen ist –
und begegnet mit einem kräftigen Wort.

Welch ein Wort würde dich aufatmen und aufleben lassen?

Christa Spilling Nöker, eine evangelische Pfarrerin, hat geschrieben:

Von irgendwoher wird es dir entgegenkommen:
Es wird dir aus einem Brief fallen,
Sich aus einem Buch lösen
Oder sich sanft in deine Seele flüstern:

Das Wort, das dich stärkt,
Um dich wieder aufzurichten
Und stolz auf dich zu sein.

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